Wachsende Kritik an den Gewerbezentren des BVSV und seines Vorsitzenden Andreas Schwarz
Koblenz – „Andreas Schwarz schafft es nicht mehr alle zu täuschen“, so wurde es uns heute zugetragen. Was ist rund um Andreas Schwarz und den BVSV geschehen?
Der Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen (BVSV) ist nach eigenen Angaben gegründet worden, um ein einheitliches Berufsbild des Sachverständigen für die Versicherungswirtschaft zu entwickeln. In Lehrgängen soll angehenden Sachverständigen das entsprechende Fachwissen vermittelt werden. Der erste Ausbildungsgang nennt sich „BVSV-Sachverständiger für das Versicherungswesen“ und der zweite „BVSV-Sachverständiger für Bausachverständige“. Beide Lehrgänge enden mit einer Prüfung vor dem eingetragenen Verein. Die Sachverständigentätigkeit kann von den Versicherungsneulingen aber nur dann ausgeübt werden, wenn sie Verbandsmitglied werden und jährlich ihrer Fortbildungsverpflichtung nachkommen.
Genau damit dürfte der BVSV unter seinem ersten Vorsitzenden Andreas Schwarz gutes Geld verdienen. Außerdem bietet er seinen Mitgliedern eine Rahmenversicherung für die Berufshaftpflicht, den Rechtsschutz und die Unfallversicherung an. Die Mitglieder des selbsternannten Bundesverbandes sind angeblich in der Lage, Versicherungsleistungen, Versicherungsschäden sowie Versicherungsgebühren vollkommen unabhängig zu begutachten. Sachverständiger könne nur werden, wer sich den hohen Qualitätsstandards des Verbandes und seiner Partner unterwerfe, heißt es vereinsseitig. Seine Leistungen beschreibt der BVSV so: „Unternehmen sowie die öffentliche Hand haben die Möglichkeit, im Rahmen des Risikomanagements ihre Versicherungsrisiken gutachterlich und vollkommen neutral durch unsere Mitglieder prüfen zu lassen. Die Sachverständigen helfen ihnen, die vorhandenen Versicherungs- und Haftungsrisiken zu minimieren und ein im Versicherungsbereich gegebenenfalls bestehendes Einsparpotenzial zu erkennen.“
Verbandschef Andreas Schwarz und sein Stellvertreter Hans-Joachim Schlimpert werben aber nicht nur mit Risikoanalysen zu Versicherungsleistungen sowie gutachterlichen Stellungnahmen zu Versicherungsschäden. Am Sitz des Bundesverbandes der Sachverständigen für das Versicherungswesen im Wellingsweg in Koblenz ist auch die BVSV Gewerbezentrum GmbH & Co. KG ansässig. Die Gewerbezentren sind vom BVSV als Ankerzentren für Unternehmer gedacht, die sich für einzelne Geschäftsfelder eine vorgeblich kompetente Zweitmeinung einholen wollen.
Diese Zentren sollen durch Kooperationsangebote mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und anderen Experten regionale Gewerbetreibende anziehen. Ein Beratungsschwerpunkt soll die kostenpflichtige Analyse, Bewertung und Minimierung von Unternehmensrisiken sein. Dazu gehörten der Versicherungssektor sowie die Bereiche Sozialversicherung, betriebliche Altersversorgung, Cyber und Informationstechnik, erklären die BVSV-Verantwortlichen. Durch die Einbindung von Steuerberatern und Rechtsanwälten können die Leiter der Zentren fließend in die Versicherungsvermittlung übergehen.
An der Tätigkeit des Bundesverbandes der Sachverständigen für das Versicherungswesen gibt es schon seit Längerem Kritik. So werfen ihm manche Marktkenner mangelnde Transparenz und Unabhängigkeit vor. Im letzten Jahr gerieten insbesondere die BVSV-Gewerbezentren in den Fokus der Kritiker, von denen es weit mehr als 170 geben soll. Plötzlich stand der Vorwurf des vorgetäuschten Verbraucherschutzes zur Gewinnung von Neukundenanfragen im Raum.
Ein Versicherungsmakler, der sich als ehemaliges BVSV-Mitglied bezeichnet, kreidete den Gewerbezentren an, sie würden unter einem Deckmantel Neukundenanfragen für Versicherungsvermittler generieren. Es stimme nicht, dass nur Gewerbekunden und keine Verbraucher beraten würden. Andreas Schwarz, der Erfinder der Gewerbezentren, widersprach. Aber die Kritik ging noch weiter: Einige Leiter der Gewerbezentren seien keine Makler, sondern Einfirmenvertreter und andere Marktteilnehmer ohne Zulassung. Und letztere könnten eben niemals so unabhängig wie Makler beraten. Tatsächlich bleibt Vertretern bei der Kundenberatung immer nur das Portfolio des einen Anbieters, während anbieterunabhängige Makler den Kunden wirklich die im Marktvergleich besten Policen vermitteln können.
Das frühere BVSV-Mitglied bemängelte eine Vermischung der Rolle als Zentrenleiter mit der eigenen Vermittlungstätigkeit. Die Schließung des Gewerbezentrums Hochtaunus eines DVAG-Vertreters sehen manche Beobachter in genau diesem Zusammenhang. Andreas Schwarz räumte 2023 kleinlaut ein, dass rund fünf Prozent der Einrichtungen von Firmenvertretern geleitet werden. Für ihn ist der Eindruck, den die Gewerbezentren nach außen vermitteln sollen, durchaus vereinbar mit der Tätigkeit von Ausschließlichkeitsvermittlern. Versicherungskundige Gruppen in den sozialen Netzwerken konfrontierten den BVSV mit dem Vorwurf, dass neben Gewerbekunden auch Privatkunden angesprochen würden. Als Beleg führten sie gesponserte Posts und Werbeanzeigen der Gewerbezentren an.
Nach den massiven Vorhaltungen schlechter Kommunikation, unzureichender Transparenz und irreführender Darstellung von Tätigkeiten gab sich Schwarz einsichtig: „Ich gebe den Kritikern absolut recht, der Fehler liegt zu 100 Prozent bei uns.“ Noch im letzten Jahr folgten vollmundige Reformversprechen, um bei potenziellen Gewerbekunden nicht noch mehr Vertrauen zu verspielen. Der Verbandschef kündigte veränderte Anforderungsprofile für zukünftige und eine verbesserte Kommunikation für die bereits bestehenden Gewerbezentren an. Zudem brachte er zur Schadensbegrenzung eine unabhängige Compliance-Untersuchung ins Spiel.
Um die Veränderungsbereitschaft zu unterstreichen, wurde zudem eine Bremer Anwaltskanzlei damit beauftragt, die Legalität der Beratung durch Inhaber von Gewerbezentren, Verbraucherzentren oder Sachverständige des Verbandes im Hinblick auf die Gewerbeordnung und das Rechtsdienstleistungsgesetz zu prüfen. Außerdem ließ Schwarz auf den Internetseiten des BVSV und der BVSV-Gewerbezentren Meldefunktionen einrichten, damit Verstöße leichter erfasst werden können. In einem Schreiben an BVSV-Mitglieder, Gewerbezentren-Betreiber und Kooperationspartner knöpfte er sich aber die Kritiker vor und verwies sie oberlehrerhaft auf die digitalen Meldemöglichkeiten.
„Lassen Sie nun endlich Ihren Behauptungen Taten folgen! Nutzen Sie das Hinweisgeber-Meldeportal, um hier Fakten, Beweise, Belege, Dokumente zu liefern, damit einerseits die Aufklärung in Ihrem Sinne weitergeht und Sie andererseits nicht öffentlich als Verleumder oder Lügner dastehen“, versuchte er die Beschwerdeführer zu maßregeln. Dieser pampige Ton spricht nicht gerade dafür, dass der BVSV-Vorsitzende die Vorwürfe des Transparenzmangels, der Verbrauchertäuschung und des Verstoßes gegen das Gewerberecht wirklich ernst nimmt. Jetzt sind die vordergründig hofierten Gewerbekunden aufgefordert, ihr Urteil über das Geschäftsmodell des Bundesverbandes der Sachverständigen für das Versicherungswesen zu fällen.